PR 2026: KI, Authentizität und persönliche Begegnungen
Die Kommunikationsbranche steht vor einem Wendepunkt: Künstliche Intelligenz verändert nicht nur Arbeitsprozesse, sondern auch die Art, wie Zielgruppen Informationen suchen und bewerten. Johannes Martschin, CEO von Martschin & Partner und Partner der Worldcom Public Relations Group, identifiziert die entscheidenden Entwicklungen für das kommende Jahr. Zentrale Frage dabei: Wie können Unternehmen in einer zunehmend fragmentierten und KI-dominierten Medienlandschaft Vertrauen aufbauen?
Die Suchmaschine verliert an Boden
Eine bedeutende Verschiebung zeichnet sich im Suchverhalten ab: Bis 2026 werden voraussichtlich etwa 25 Prozent der Suchanfragen von traditionellen Suchmaschinen zu KI-Chatbots abwandern. Gleichzeitig stellen wechselnde Algorithmen bei Suchmaschinen und Social-Media-Plattformen für über die Hälfte der Agenturverantwortlichen die größte operative Herausforderung dar. Wer in diesem Umfeld nicht als vertrauenswürdige Quelle etabliert ist, riskiert digitale Unsichtbarkeit.
Paradoxerweise wächst parallel zur Automatisierung das Bedürfnis nach authentischen, menschlichen Geschichten. Martschin: „KI-generierte Inhalte werden zur Normalität – genau deshalb suchen Menschen nach echten Erfahrungen und glaubwürdigen Stimmen.“
Von der Unterstützung zur Strategie
KI entwickelt sich vom Hilfsmittel zum strategischen Element in der PR-Planung. Neben Texterstellung eröffnen sich neue Anwendungsfelder: Echtzeit-Monitoring von Stimmungsbildern, algorithmisches Matching mit passenden Journalisten und Simulationen verschiedener Kampagnenszenarien. Internationale Vorreiteragenturen nutzen diese Technologien bereits erfolgreich zur Effizienzsteigerung und Markenpositionierung.
Neue Kompetenzprofile gefragt
Die Rolle von PR-Fachleuten wandelt sich grundlegend: Sie orchestrieren komplexe KI-Systeme und entscheiden, wo menschliche Expertise unersetzlich bleibt. Während Routineaufgaben automatisiert werden, gewinnen ethisches Urteilsvermögen, kulturelle Sensibilität und persönliche Beziehungspflege an Gewicht. Künftig werden spezialisierte „Context Engineers“ benötigt, die mit markenspezifischem Wissen präzise KI-Ergebnisse ermöglichen.
Personalisierung trifft auf neue Formate
Die Kommunikation wird zunehmend individualisiert: KI ermöglicht maßgeschneiderte Ansprache von Nischenzielgruppen über diverse Kanäle. Kurzvideos und interaktive Formate entwickeln sich zum Standard – beispielsweise „shoppable videos“ mit direkter Kaufmöglichkeit. Im Audiobereich wachsen spezialisierte Podcasts und interaktive Livestreams an Bedeutung.
Desinformation als industrielles Problem
Generative KI hat die Verbreitung von Falschinformationen industrialisiert. Als wirksame Gegenstrategie empfiehlt Martschin ein dreistufiges Konzept: kontinuierliches Monitoring, schnelle Reaktionsfähigkeit bei Korrekturen und proaktive Transparenz. Offenheit über KI-Einsatz und Datennutzung stärkt die Glaubwürdigkeit nachhaltig.
Thought Leadership braucht Substanz
Authentizität wird zum Differenzierungsfaktor. B2B-Entscheider erwarten relevante, originelle Inhalte und schätzen direkte, ehrliche Kommunikation. Erfolgreiche Strategien umfassen regelmäßiges Publishing, aktiven Dialog in sozialen Netzwerken und den Aufbau dauerhafter Communities mit Mikro-Influencern.
Präsenzevents gewinnen an Bedeutung
Persönliche Veranstaltungen bleiben die wichtigste Plattform für Markenkommunikation. Innovation, Personalisierung und Nachhaltigkeit prägen erfolgreiche Events in der DACH-Region. Interaktive Formate, digitale Integration und ökologische Verantwortung bestimmen die Qualität. Martschin: „Langfristiges Community-Building ersetzt punktuelle Kontakte – und der Nachweis echter Wirkung wird zum Erfolgskriterium.“