„Persönlichkeitsbildung wirkt!“ – Wie Charakterstärken-Entwicklung psychische Gesundheit stärkt und Lernergebnisse verbessert
Zahlreiche Studienergebnisse belegen: Persönlichkeitsbildung verbessert nicht nur das Sozialverhalten, Resilienz und das eigene Wohlbefinden, sondern auch schulische Leistungen. Diese Erkenntnisse führen zu einer angestrebten Richtungsänderung der OECD. Eine der identifizierten Schlüsselstärken ist Dankbarkeit.
Im Rahmen einer Pressekonferenz präsentierte die KPH Wien/Niederösterreich gemeinsam mit dem Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie, der European Character and Virtues Association (ECVA) und weiteren Partnerorganisationen die neuesten Erkenntnisse aus der Forschung zu schulischer Persönlichkeitsbildung anlässlich der gegenwärtigen ECVA-Konferenz in Wien ‚Was macht ein erfülltes Leben aus? Forschung zur Schnittstelle von Persönlichkeitsbildung und Lebenskompetenzen.
„Die Forschungsergebnisse sind eindeutig: Persönlichkeitsbildung wirkt – über Altersgrenzen, Bildungssysteme und Länder hinweg. Sie stärkt Resilienz, fördert schulische Leistungen, verbessert das Sozialverhalten und wirkt langfristig. Das macht sie zu einem echten Game Changer in der Bildungspolitik“, sagt Bildungsexperte Prof. Dr. Roland Bernhard von der KPH Wien/Niederösterreich. „Entscheidend ist, dass sie ideologiefrei bleibt und sich auf allgemein anerkannte Charakterstärken wie Mut, Dankbarkeit, Integrität oder Respekt konzentriert. Gerade das schafft Vertrauen – auch bei vielen Eltern öffentlicher Schulen, die sich Persönlichkeitsbildung wünschen, aber befürchten, dass Schule damit auch weltanschaulich vereinnahmt werden könnte“, unterstreicht Bernhard.

Signifikanter Anstieg von psychischen Belastungen und Suizidgedanken bei Kindern und Jugendlichen
Ein signifikanter Anstieg von Suizidgedanken, Suizidversuchen und leider tatsächlich vollzogenen Selbsttötungen hat den Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) vor eineinhalb Jahren veranlasst, eine Befragung bei Kindern und Psychotherapeut:innen mit Spezialisierung in Säuglings-, Kinder und Jugendlichenpsychotherapie durchzuführen. Zur nachfolgenden Umsetzung präventiver Maßnahmen wurde eine enge Zusammenarbeit mit der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule unter der Leitung von Roland Bernhard initiiert. Auch hier sprechen die Ergebnisse eine klare Sprache: „Die Beziehung und Bindung der Schüler:innen zu ihren Lehrpersonen ist von zentraler Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung und Resilienz“, sagt ÖBVP-Präsidentin Barbara Haid und betont „die Notwendigkeit einer evidenzbasierten Schulentwicklung, die auf „Flourishing“ statt Überforderung setzt“. Die neuen Ansätze einer verstärkten Persönlichkeitsbildung in Schulen, „werden von unserer Seite daher stark begrüßt“, so Haid.
„Denn unsere Kinder wollen NICHT nicht mehr leben, sie haben oft einfach Angst VOR dem Leben, weil sie nicht wissen WIE. Hier haben wir Erwachsene, die politischen Entscheidungsträger und Stakeholder, die Gesellschaft als Kollektiv – die Verpflichtung, den Auftrag und die Verantwortung die dafür nötigen Schritte zu setzen und Angebote zur Verfügung zu stellen“, sagt Haid.

Eindrückliches Erfolgsbeispiel in England
Ein beeindruckendes Praxisbeispiel präsentiert Gary Lewis aus England. Der einstige Schuldirektor und langjährige Präsident der Association for Character Education arbeitet heute als gefragter Berater für Bildungsministerien auf der ganzen Welt. Als Schuldirektor ist es Lewis gemeinsam mit den Lehrkärften gelungen, in der Kings Langley School einen umfassenden, erfolgreichen Reformprozess einzuleiten: 2002 zählte die Schule leistungsmäßig zu den schlechtesten 3 Prozent im ganzen Land, 2012 unter den besten 29 Prozent – obwohl es sich um eine Schule mit sehr vielen Kindern aus benachteiligten Familien handelt. Hauptverantwortlich für diese Verbesserung war, laut Lewis, vor allem sein gesetzter Fokus auf Persönlichkeitsbildung.
“Ein bedeutender Teil der Arbeit bestand darin, effektive Beziehungen zu Eltern wieder herzustellen“, erzählt Lewis. „Denn eine zentrale Herausforderung für Schulen, die Persönlichkeitsbildung fördern, ist die Zusammenarbeit mit Eltern zur Etablierung des Konzepts einer nachhaltigen emotionalen Stressresistenz – also der Sicherstellung, dass Kinder überschaubare Formen von Ärger, Misserfolg und Enttäuschung erleben, um so eine größere Resilienz gegenüber schwierigeren Herausforderungen zu entwickeln, denen sie in Zukunft unweigerlich begegnen werden“, hält Lewis fest.

Dankbarkeit als Schlüsselstärke für psychische Gesundheit
Eine wesentliche Charakterstärke ist die Fähigkeit zur Dankbarkeit. „Studien zeigen, dass es kaum eine andere Charaktereigenschaft gibt, die so stark mit der psychischen Gesundheit korreliert wie die Dankbarkeit“, sagt Bernhard. Als besonders effektiv erwiesen sich sogenannte Dankbarkeitsinterventionen, berichtet Bernhard, „in denen Dankbarkeit im Schulalltag bewusst artikuliert und ausgedrückt wird. Das verursacht der Schule keine Kosten, steigert aber nachweislich die Zufriedenheit und die psychische Gesundheit““, so Bernhard und verweist dazu auf die Publikation „Dankbarkeit als Element einer Lifeskill-Pädagogik.
ECVA-Konferenz in Wien
Die ECVA-Konferenz in Wien findet vom 24.–26. Juni 2025 in Wien unter dem Titel „What makes a life of flourishing? Exploring the intersection of Character Education, Life Skills and Competences” statt. Sie ist eine der größten internationalen Konferenzen zur Persönlichkeitsbildung und wird von der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Niederösterreich gemeinsam mit der European Character and Virtue Association (ECVA) und in enger Zusammenarbeit mit dem renommierten Jubilee Centre for Character and Virtues der University of Birmingham sowie der Universität Trnava in der Slowakei ausgerichtet. Über 120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 23 Ländern nehmen daran teil. Weitere Informationen unter: https://ecva-character.org/ecva-conference
Weltweite Hinwendung zur Persönlichkeitsbildung
„Wir beobachten heute eine weltweite Hinwendung zur Persönlichkeitsbildung“, stellt KPH Wien/NÖ-Rektorin DDr. Ulrike Greiner abschließend fest. „In meinen Augen hat das viel mit der gegenwärtigen Krise des Menschen zu tun – so wie bereits der klassische Humanismus eine Antwort auf aktuelle Krisenphänomene seiner damaligen Zeit war.“ Der Kern schulischer Bildung sollte daher „die Entfaltung von Charakterstärken sein, die notwendig sind, um immer aufs Neue eine friedliche, gerechte und menschenwürdige Welt aufzubauen“. Persönlichkeitsbildung müsse daher ein substantieller Teil von Lehrer:innenbildung und Schulentwicklung sein, betont Greiner. „Es freut mich und ich werde dafür Sorge tragen, dass die KPH Wien/Niederösterreich in Forschung, Lehre und Entwicklung in diesem Bereich auch künftig vorangehen wird. Initiativen wie die Ausrichtung der ECVA-Konferenz 2025 sind dafür wesentliche Meilensteine“ sagt Greiner.

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Die Kirchliche Pädagogische Hochschule (KPH) Wien/Niederösterreich ist Österreichs größte Private Pädagogische Hochschule mit sieben Standorten in Wien und Niederösterreich. Das gemeinsame Konzept der Erstausbildung, Fort- und Weiterbildung soll Lehrer:innen in ihren pädagogischen und religionspädagogischen Berufsfeldern bestmöglich qualifizieren und professionalisieren. Im Sinne einer ökumenischen Perspektive fördert und lebt die KPH Wien/Krems die Kooperation der sieben an der Hochschule vertretenen christlichen Kirchen (Katholische Kirche, Evangelische Kirche A. und H.B., Griechisch-Orientalische Kirche, drei Orientalisch-Orthodoxe Kirchen sowie Altkatholische Kirche) bei gleichzeitiger Wahrung der jeweiligen Identität. Auch zwei katholische Diözesen wirken in der KPH zusammen. Zusätzlich kooperiert sie in der Religionslehrer:innenbildung und im Rahmen der Förderung interreligiöser Kompetenzen mit den Freikirchen, der Islamischen Glaubensgemeinschaft, der Alevitischen Glaubensgemeinschaft, der Israelitischen Religionsgesellschaft und der Buddhistischen Religionsgesellschaft. Das breite Lehrangebot der KPH Wien/Krems besteht aus den Lehramtsstudien für die Primarstufe und Sekundarstufe Allgemeinbildung, dem Bachelorstudium Elementarbildung und verschiedene Formen des Lehramtsstudiums Religion. Es bestehen zahlreiche Kooperationen, im Bereich Sekundarstufe vor allem auch mit der Universität Wien. Darüber hinaus bietet die KPH Wien/Krems ein umfassendes Fort- und Weiterbildungsprogramm, mit Hochschullehrgängen (bis zum Masterabschluss), Fortbildungsveranstaltungen sowie Begleitung bei Schulentwicklungsprozessen. An der KPH Wien/Krems studieren derzeit ca. 2.700 Studierende in der Erstausbildung, ca. 1.000 Studierende in Weiterbildungslehrgängen und ca. 11.000 Studierende in der Fortbildung. Weitere Informationen: www.kphvie.ac.at
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Die European Character and Virtue Association (ECVA) wurde im Jahr 2022 gegründet und bietet ein europaweites Forum zur Förderung von Forschung, Aus- und Weiterbildung sowie zur Vernetzung im Bereich der Persönlichkeitsbildung. Gegenwärtiger Präsident der ECVA ist der renommierte Harvard-Wissenschaftler Prof. Dr. James Arthur, Gründer des Jubilee Centre for Character and Virtues an der Universität Birmingham. An der Gründung der ECVA war auch Prof. Dr. Roland Bernhard beteiligt. Weitere Informationen: European Character and Virtue Association
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Der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) ist die gesetzlich anerkannte freiwillige Berufsvertretung der Psychotherapeut:innen in Österreich. Der Verband vertritt über 7.000 Mitglieder – praktizierende Psychotherapeut:innen sowie Personen in Ausbildung – und setzt sich für eine qualitätsvolle, zugängliche und wissenschaftlich fundierte psychotherapeutische Versorgung ein. Weitere Informationen: www.psychotherapie.at